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TIERRECHTSANWALT: Kanzlei für Tierrecht

Pferderecht, Tiervertragsrecht, Tierhaftungsrecht, Tierhalterrecht, Tierarztrecht, Tierschutzrecht, Grosstierrecht, Hunderecht, Nutztierrecht, Tierzuchtrecht, Ankaufsuntersuchung, Sachverständige, Schadensrecht, Versicherungsrecht

Kunstfehler

Tierhalter können Schadensersatz bei einem „Kunstfehler“ beanspruchen.

Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch ist:

  • ein Behandlungsvertrag,
  • ein Schaden (z.B. Tier ist nicht mehr nutzbar weil unheilbar krank oder tot)
  • Pflichtverletzung des Tierarztes

Wenn ein grober Behandlungsfehler vorliegt oder der Tierarzt vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, so liegt die Beweislast für eine Pflichtverletzung beim Tierarzt, sonst beim Tierhalter.

Zur Beurteilung der Vertragspflichterfüllung sollte ein Sachverständiger hinzugezogen werden. Wir begleiten Sie bei der Geltendmachung sowie bei der Abwehr von Schadensersatzansprüchen. Wir helfen Ihnen bei der Suche nach Gutachtern sowie bei der Überprüfung von Gutachten. Rechtsanwältin Julia Ziegeler


Haftung des Tierarztes für Kunstfehler

Ein Tierarzt kann für sogenannte Kunstfehler haftbar gemacht werden, wenn er seine Sorgfaltspflichten verletzt und dadurch dem Tier oder dem Tierhalter ein Schaden entsteht. Die Haftung betrifft insbesondere Fehler bei der Diagnosestellung, Behandlung oder Beratung.


1. Begriff und rechtliche Grundlagen

1.1. Was ist ein Kunstfehler?

Ein Kunstfehler liegt vor, wenn ein Tierarzt bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit von den allgemein anerkannten fachlichen Standards abweicht und dadurch ein Schaden entsteht. Beispiele sind:

  • Falsche Diagnose oder unterlassene Diagnostik.
  • Fehlerhafte Behandlung oder unsachgemäße Durchführung von Eingriffen.
  • Unzureichende Aufklärung über Risiken und Alternativen.

1.2. Rechtsgrundlagen

Die Haftung eines Tierarztes basiert auf zwei rechtlichen Ansätzen:

  1. Vertragliche Haftung (§§ 611, 280 BGB):
    • Grundlage ist der Behandlungsvertrag zwischen Tierhalter und Tierarzt.
    • Pflichtverletzungen, wie mangelnde Sorgfalt oder Aufklärungsfehler, führen zu Schadensersatzansprüchen.
  2. Deliktische Haftung (§ 823 BGB):
    • Bei Verletzung der Sorgfaltspflichten durch fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln.
    • Schutz des Tierhalters vor Vermögensschäden und des Tieres vor Gesundheitsschäden.

2. Pflichten des Tierarztes

2.1. Sorgfaltspflicht

  • Der Tierarzt muss die Behandlung nach den anerkannten Regeln der tierärztlichen Kunst durchführen.
  • Er ist verpflichtet, sich über aktuelle Entwicklungen und Standards fortzubilden.

2.2. Aufklärungspflicht

  • Der Tierarzt muss den Tierhalter über:
    • Diagnose und mögliche Behandlungsalternativen.
    • Risiken der Behandlung oder Unterlassung.
    • Kosten der Behandlung.
  • Eine Einwilligung des Tierhalters ist vor größeren Eingriffen erforderlich.

2.3. Dokumentationspflicht

  • Sämtliche Untersuchungsergebnisse, Diagnosen und Behandlungsmaßnahmen müssen schriftlich dokumentiert werden.
  • Fehlerhafte oder fehlende Dokumentation kann als Beweismangel im Haftungsfall ausgelegt werden.

2.4. Notfallversorgung

  • Der Tierarzt ist verpflichtet, in Notfällen unverzüglich Hilfe zu leisten, soweit es ihm möglich ist.

3. Arten von Kunstfehlern

3.1. Diagnostische Fehler

  • Beispiele:
    • Übersehen eines Tumors bei einer Untersuchung.
    • Falsche Interpretation von Laborergebnissen.
  • Folge: Unzureichende oder verspätete Behandlung.

3.2. Therapeutische Fehler

  • Beispiele:
    • Unsachgemäße Durchführung einer Operation (z. B. falsches Nähen von Wunden).
    • Falsche Medikamentengabe oder Dosierung (z. B. Überdosis von Narkosemitteln).
  • Folge: Verschlechterung des Zustands des Tieres, in schweren Fällen Tod.

3.3. Fehler bei Kaufuntersuchungen

  • Beispiele:
    • Fehleinschätzung des Gesundheitszustands eines Pferdes bei einer Ankaufuntersuchung.
    • Übersehen von Lahmheit oder Herzproblemen.
  • Folge: Wirtschaftlicher Schaden für den Käufer.

3.4. Fehlerhafte Aufklärung

  • Beispiele:
    • Keine Aufklärung über das Risiko einer Narkose.
    • Unterlassene Information über kostengünstigere Behandlungsalternativen.
  • Folge: Der Tierhalter kann keine informierte Entscheidung treffen.

4. Haftungsvoraussetzungen

4.1. Verschulden

  • Der Tierarzt haftet, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.
  • Fahrlässigkeit liegt vor, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

4.2. Schaden

  • Es muss ein konkreter Schaden entstanden sein, z. B.:
    • Gesundheitsschaden des Tieres.
    • Vermögensschaden des Tierhalters (z. B. Kosten für eine Nachbehandlung).

4.3. Kausalität

  • Der Schaden muss auf den Fehler des Tierarztes zurückzuführen sein.

4.4. Beweislast

  • Grundsätzlich trägt der Tierhalter die Beweislast.
  • Ausnahme: Bei groben Behandlungsfehlern kehrt sich die Beweislast um, und der Tierarzt muss nachweisen, dass der Fehler nicht ursächlich war.

5. Typische Streitfragen

5.1. Streit um die Höhe des Schadens

  • Beispiel: Der Tierhalter fordert Schadensersatz für den Tod eines wertvollen Zuchtpferdes.
  • Rechtslage: Der wirtschaftliche Wert des Tieres kann als Grundlage für die Schadensberechnung herangezogen werden.

5.2. Beweisprobleme

  • Beispiel: Der Tierhalter behauptet, der Tierarzt habe eine notwendige Diagnostik unterlassen.
  • Rechtslage: Der Tierarzt muss die ordnungsgemäße Behandlung durch eine lückenlose Dokumentation belegen.

5.3. Abgrenzung von unvermeidbaren Komplikationen

  • Beispiel: Ein Tier stirbt während einer Operation trotz fachgerechter Durchführung.
  • Rechtslage: Der Tierarzt haftet nicht, wenn der Schaden auf ein unvermeidbares Risiko zurückzuführen ist.

6. Typische Fälle und Rechtsprechung

6.1. Fehlerhafte Narkose

  • Fall: Ein Hund stirbt während einer Operation an einer Überdosis Narkosemittel.
  • Rechtslage:
    • Der Tierarzt haftet für den Tod des Tieres, wenn die Überdosierung auf unsachgemäße Berechnung zurückzuführen ist.
  • Urteil: OLG München, Urteil vom 25.02.2016, Az. 1 U 2846/15 – Tierarzt haftet für unsachgemäße Narkose bei einer Routineoperation.

6.2. Fehlerhafte Kaufuntersuchung

  • Fall: Ein Tierarzt übersieht bei einer Ankaufuntersuchung Lahmheitssymptome bei einem Pferd.
  • Rechtslage:
    • Der Tierarzt haftet gegenüber dem Käufer, da er die gesundheitlichen Mängel hätte erkennen müssen.
  • Urteil: BGH, Urteil vom 07.02.2007, Az. VIII ZR 266/06 – Haftung des Tierarztes für fehlerhafte Gesundheitsbescheinigungen bei Pferdekäufen.

6.3. Dokumentationsmängel

  • Fall: Ein Tierhalter wirft dem Tierarzt vor, bei der Operation eines Hundes unsachgemäß gehandelt zu haben. Der Tierarzt kann dies nicht belegen, da die Dokumentation unvollständig ist.
  • Rechtslage:
    • Der Tierarzt haftet, wenn die fehlende Dokumentation zu seinen Lasten ausgelegt wird.
  • Urteil: LG Dortmund, Urteil vom 15.05.2015, Az. 9 O 141/14 – Unvollständige Dokumentation führt zu Haftungsverschärfung.

7. Haftungsbegrenzung und Versicherung

7.1. Berufshaftpflichtversicherung

  • Tierärzte sind verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, die Schäden aus Behandlungsfehlern abdeckt.
  • Die Versicherung schützt den Tierarzt vor finanziellen Risiken und übernimmt die Schadensregulierung.

7.2. Haftungsbegrenzung im Vertrag

  • Tierärzte können die Haftung in ihren Verträgen begrenzen, jedoch nicht bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz.
  • Schriftliche Vereinbarungen sind erforderlich.

8. Unsere Rolle als Tierrechtsanwalt

Ein Tierrechtsanwalt kann Tierärzte und Tierhalter in Haftungsfällen unterstützen:

Für Tierärzte

  • Verteidigung bei Haftungsansprüchen:
    • Abwehr unberechtigter Forderungen.
    • Unterstützung bei der Beweisführung.
  • Prävention:
    • Beratung zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten und zur Dokumentation.

Für Tierhalter

  • Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen:
    • Unterstützung bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen Behandlungsfehlern.
  • Beratung:
    • Prüfung, ob ein Behandlungsfehler vorliegt und wie vorzugehen ist.

Tierarzthaftung

Die Haftung des Tierarztes für Kunstfehler ist ein sensibler Bereich, der eine gründliche rechtliche Prüfung und Beweisführung erfordert. Ein Kunstfehler kann erhebliche wirtschaftliche und emotionale Folgen für den Tierhalter haben, während der Tierarzt durch Berufshaftpflicht und korrekte Dokumentation seine Risiken minimieren kann. Ein spezialisierter Tierrechtsanwalt ist in solchen Fällen essenziell, um die Interessen beider Seiten zu vertreten.

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