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TIERRECHTSANWALT: Kanzlei für Tierrecht

Pferderecht, Tiervertragsrecht, Tierhaftungsrecht, Tierhalterrecht, Tierarztrecht, Tierschutzrecht, Grosstierrecht, Hunderecht, Nutztierrecht, Tierzuchtrecht, Ankaufsuntersuchung, Sachverständige, Schadensrecht, Versicherungsrecht

Bei Tieren ist im Rahmen der Abgrenzung „neu“/“neu hergestellt“ und „gebraucht“ nicht nur eine nutzungs-, sondern auch eine rein lebensaltersbedingte Steigerung des Sachmängelrisikos zu berücksichtigen

a) Bei Tieren ist im Rahmen der Abgrenzung „neu“/“neu hergestellt“ und „gebraucht“ im Sinne der § 474 Abs. 2 Satz 2, § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB nicht nur eine nutzungs-, sondern auch eine rein lebensaltersbedingte Steigerung des Sachmängelrisikos zu berücksichtigen (Fortentwicklung von Senatsurteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31).

b) Für die Frage, ab welchem Zeitpunkt ein noch nicht genutztes Pferd nicht mehr als „neu“ zu bewerten ist, lassen sich keine allgemein gültigen zeitlichen Grenzen auf-stellen. Jedenfalls ist ein zum Zeitpunkt des Verkaufs weder gerittener noch ange-rittener und auch nicht einer sonstigen Verwendung (etwa Zucht) zugeführter knapp zweieinhalb Jahre alter Hengst, der schon seit längerer Zeit von der Mut-terstute getrennt ist, infolgedessen über einen nicht unerheblichen Zeitraum eine eigenständige Entwicklung vollzogen hat und seit längerem geschlechtsreif ist, als „gebraucht“ im Sinne von § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB beziehungsweise als nicht „neu hergestellt“ im Sinne von § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB anzu-sehen.

Eine Klausel in Auktionsbedingungen des als Kommissionär für den Eigentümer tätig werdenden Verkäufers eines „gebrauchten“ Pferdes, die die gesetzliche Verjährungs-frist für Ansprüche des Käufers wegen eines Sachmangels des im Rahmen einer Versteigerung nach § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB verkauften Tieres auf drei Monate nach Gefahrübergang abkürzt, dabei aber die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB beachtet, hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB stand.

BGH Urteil VIII ZR 240/18 vom 9. Oktober 2019

BGB § 474 Abs. 2 Satz 2; § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff

BGB § 307 Abs. 1, 2 Ba, Cf, Cj

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Fetzer, die Richter Dr. Bünger und Kosziol sowie die Richterin Wiegand
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 4. Juli 2018 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, eine passionierte Amateur-Dressurreiterin, ersteigerte am 1. November 2014 auf einer von dem Beklagten veranstalteten öffentlichen Versteigerung den seinerzeit knapp zweieinhalb Jahre alten ungekörten Hengst „A. “ zum Preis von 25.678,32 € brutto. Der Verkauf erfolgte über einen öffentlichen bestellten Versteigerer, wobei der Beklagte das Pferd im eigenen Namen als Kommissionär veräußerte. Der Hengst war am 22. Mai 2012 gebo-ren und bis zum Zeitpunkt der Auktion weder geritten noch angeritten worden. Vor der Versteigerung wurde das Pferd klinisch untersucht, wobei sich laut tier-ärztlichem Untersuchungsprotokoll keine besonderen Befunde ergaben. Der
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Rücken des Hengstes wurde allerdings nur äußerlich, nicht auch röntgenolo-gisch untersucht.
Die in dem von der Klägerin zur Kenntnis genommenen Auktionskatalog abgedruckten Auktionsbedingungen der Beklagten enthalten unter anderem folgende Regelung:
„D. […] V. Der Gewährleistungsanspruch des Käufers verjährt bei Schadenser-satz und bei Ansprüchen wegen Beschaffenheitsmängeln gem. I. 1) [= Angaben im Auktionskatalog] und 2) [= in Röntgenaufnahmen und im Untersuchungsprotokoll dokumentierte körperliche Verfassung] drei Mo-nate nach dem Gefahrübergang, bei Ansprüchen wegen Beschaffen-heitsmängeln gem. I 3a) bis 3c) (Samenqualität, Deck- und Befruch-tungsfähigkeit gekörter Hengste) am 31.05. des auf den Gefahrüber-gang folgenden Jahres.
Diese Befristung gilt nicht, soweit Ansprüche betroffen sind, die auf Er-satz eines Körper- und Gesundheitsschadens wegen eines vom Verkäu-fer zu vertretenden Mangels gerichtet oder auf grobes Verschulden des Verkäufers oder seiner Erfüllungsgehilfen gestützt sind. In solchen Fäl-len gilt die gesetzliche Frist.“
Der Hengst wurde nach Übergabe an die Klägerin im Januar 2015 kas-triert. Nach einer von ihr im Jahr 2016 veranlassten tierärztlichen Untersuchung forderte die Klägerin den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 11. Oktober 2016 unter Fristsetzung zum 21. Oktober 2016 vergeblich zur Rückabwicklung des Kaufvertrags auf. Sie hat ihr Begehren darauf gestützt, dass sie nach der Übergabe zunächst nur versucht habe, das in ihrem Stall untergebrachte Pferd zu longieren und an Sattel und Reitergewicht zu gewöhnen. Bereits dabei habe sich das Pferd auffällig widersetzlich, schwierig und empfindlich gezeigt. Nach einer mehrmonatigen Zeit auf der Koppelweide habe sie ab Mitte Oktober 2015 bis Frühjahr 2016 versucht, das Pferd anzureiten. Dabei habe sich herausge-stellt, dass es für sie nicht reitbar sei. Es habe schon mindestens im Zeitpunkt der Auktion so genannte Kissing Spines im Bereich der Brust- und der Lenden-
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wirbelsäule sowie eine Verkalkung im Nackenband im Bereich des Hinterhaup-tes aufgewiesen.
Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, der Rücktritt sei im Hinblick auf die Ver-jährung eines hypothetischen Nacherfüllungsanspruchs unwirksam. Die hierge-gen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegeh-ren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – im Wesentlichen ausgeführt:
Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises bestehe unabhängig da-von nicht, ob der verkaufte Hengst bei Gefahrübergang einen Sachmangel auf-gewiesen habe. Denn der Rücktritt vom Kaufvertrag sei nach § 218 BGB un-wirksam, weil mögliche Nacherfüllungsansprüche verjährt seien. Den Allgemei-nen Geschäftsbedingungen des Beklagten, wonach Gewährleistungsansprüche drei Monate nach Gefahrübergang verjährten, stünden die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf nicht entgegen, da es sich bei dem verkauften Hengst um eine gebrauchte Sache im Sinne des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB handele. Die
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von dem Beklagten gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hielten auch einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB stand.
Aufgrund des am 1. November 2014 erteilten Zuschlags sei zwischen den Parteien ein Kaufvertrag gemäß § 433 BGB über das Pferd zustande ge-kommen, bei dem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten Ver-tragsbestandteil geworden seien. Die Auktionsbedingungen seien nicht gemäß § 476 BGB unwirksam, da die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf ge-mäß § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht anwendbar seien. Bei dem von der Kläge-rin anlässlich der Auktion erworbenen, zweieinhalb Jahre alten Hengst handele es sich um eine gebrauchte Sache im Sinne des Gesetzes.
Zwar sei einer im Schrifttum vertretenen Auffassung nicht zu folgen, wo-nach Tiere stets als gebrauchte Sachen im Sinne von § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB anzusehen seien, weil eine am Verwendungszweck orientierte Auslegung bei Tieren aufgrund vielfältiger Verwendungsformen nicht nur sachlich unangemes-sen, sondern auch praktisch nicht oder nur schwer handhabbar sei. Dieser An-satz sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dem sich das Beru-fungsgericht anschließe, mit der Regelung des § 90a BGB unvereinbar, nach der die für Sachen geltenden Vorschriften auf Tiere entsprechend anzuwenden seien, sofern nicht etwas anderes bestimmt sei. Die Bestimmungen der §§ 474 ff. BGB enthielten keine Sonderregelungen für Tiere. Der Gesetzgeber sei ausweislich der Gesetzesmaterialien davon ausgegangen, dass es beim Tierkauf keiner speziellen Vorschriften zur Sachmängelhaftung und zur Verjäh-rung bedürfe, weil die allgemeinen kaufrechtlichen Bestimmungen auch solche Kaufrechtsfälle angemessen regelten und hier ebenfalls zwischen „neu“ und „alt“ zu unterscheiden sei.
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Bei der danach gebotenen Abgrenzung zwischen einem neuen und ge-brauchten Pferd erscheine es vorzugswürdig, auf objektive Gesichtspunkte ab-zustellen. Dabei sei unabhängig davon, welchem Zweck ein Pferd dienen solle und ob es schon verwendet worden sei, allein auf den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt des Tieres abzustellen. Hierbei sei in besonderer Weise zu berücksichtigen, dass Tiere ab einem bestimmten Alter ein rein al-tersbedingt erhöhtes Sachmängelrisiko aufwiesen, sofern sich der Zeitablauf nachteilig auf die Beschaffenheit auswirke. Bei der Festlegung dieser Zeitspan-ne sei die fortgeschrittene körperliche Entwicklung des Tieres ausschlagge-bend. Dabei sei aber weder der Zeitpunkt der ersten Fütterung beziehungswei-se der Unterbringung noch der Zeitpunkt des ersten Verkaufs ein geeignetes Kriterium für die Bewertung als gebrauchtes Tier.
Der Bundesgerichtshof habe in einer Entscheidung aus dem Jahr 2006 den bloßen Zeitablauf als unerheblich bewertet, solange das Tier noch jung sei. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei der zum Zeitpunkt des Verkaufs zwei-einhalb Jahre alte Hengst aber nicht mehr als jung und infolgedessen als „ge-braucht“ im Sinne des Gesetzes anzusehen. Nach den Erfahrungen der Mit-glieder des Berufungsgerichts aus einer Reihe zivil- und strafrechtlicher Verfah-ren, die unter anderem die Rückabwicklung von Pferdekäufen, die körperliche Entwicklung von Pferden und das Schmerzempfinden von Pferden im Rahmen der Turniersportausbildung zum Gegenstand gehabt hätten und sachverständig begleitet worden seien, sei festzustellen, dass ein Hengst in diesem Alter schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt sei, infolgedessen über einen nicht unerheblichen Zeitraum eine eigenständige Entwicklung vollzogen habe und bereits seit längerem geschlechtsreif sei.
Gerade die Geschlechtsreife, die bei einem Hengst spätestens mit Voll-endung des zweiten Lebensjahres eintrete, erhöhe bereits allein durch die bei
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dem Tier zu diesem Zeitpunkt eingetretenen biologischen Veränderungen das Mängelrisiko beträchtlich. Weiter sei bei einem Zeitablauf von zweieinhalb Jah-ren ab der Geburt zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit von nachteiligen Veränderungen des Tieres beispielsweise durch unzureichende Stallhal-tung/Weidehaltung, Fütterung und tierärztliche Versorgung gegenüber einem jüngeren Pferd deutlich gestiegen sei.
Dagegen sei eine Abgrenzung zwischen einem neuen und einem ge-brauchten Pferd, die auf den erstmaligen Einsatz als Reitpferd abstelle, unge-eignet, weil hierdurch der Erwerber das Risiko nachteiliger Veränderungen ein-seitig auf den Verkäufer abwälzen könnte, indem er das Tier erst in sehr vorge-rücktem Alter einer Zweckbestimmung (Sport- oder Freizeitpferd) zuführe. Letztlich bliebe auch offen, wie zu urteilen sei, wenn sich der Erwerber ent-schließen sollte, das Pferd gar nicht als Reitpferd einzusetzen. Ebenso wenig sei der übliche Zeitpunkt des Beginns der Reitausbildung eines Pferdes als Ab-grenzungskriterium geeignet. Eine solche Anknüpfung würde zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen, da nach den beruflichen Erfahrungen des Beru-fungsgerichts Pferdehalter und insbesondere Bereiter unterschiedliche Auffas-sungen dazu verträten, wann mit dem Bereiten eines Pferdes begonnen werden sollte.
Letztlich komme es auch nicht entscheidend darauf an, ob das Pferd zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits die anatomischen und physischen [gemeint ist wohl psychischen] Voraussetzungen für den Einsatz als Reitpferd aufgewie-sen habe. Maßgeblich sei vielmehr, ob das Tier insgesamt über einen längeren Zeitraum so vielen Umwelteinflüssen und äußeren Einwirkungen ausgesetzt gewesen sei, dass das altersbedingte Sachmängelrisiko zum Verkaufszeitpunkt dermaßen gestiegen gewesen sei, dass das Tier nicht mehr als neu angesehen werden könne.
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Die Auktionsbedingungen des Beklagten hielten auch einer Inhaltskon-trolle nach §§ 307 ff. BGB stand. Die in Abschnitt D.V. der Auktionsbedingun-gen des Beklagten geregelte Verkürzung der Verjährungsfrist bei Ansprüchen wegen Beschaffenheitsmängeln auf drei Monate ab Gefahrübergang verstoße nicht gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB. Denn der Beklagte habe von dieser Befristung gerade Ansprüche ausgenommen, die auf Ersatz eines Körper- oder Gesundheitsschadens wegen eines vom Verkäufer zu vertretenden Mangels gerichtet oder auf grobes Verschulden des Verkäufers oder seiner Erfüllungsgehilfen gestützt seien. Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 8 Buchst. b BGB liege ebenfalls nicht vor, da es sich bei dem veräußerten Pferd – anders als von dieser Vorschrift vorausgesetzt – nicht um eine neu hergestellte Sache handele.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten verstießen schließlich auch nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn sie benachteiligten die Klägerin nicht unangemessen. Eine unangemessene Benachteiligung sei im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit dem wesentlichen Grundge-danken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werde, nicht zu ver-einbaren sei oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergäben, so einschränke, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet sei. So lägen die Dinge hier nicht. Die Verkürzung der gesetzlichen Rechte des Käufers liege in der besonderen Situation der Versteigerung be-gründet. Nach den bindenden Feststellungen des Landgerichts habe der Be-klagte die Pferde im eigenen Namen für Rechnung des Ausstellers über einen öffentlich bestellten Versteigerer verkauft. Dieser kenne naturgemäß nicht die besonderen Eigenschaften eines Pferdes und könne nicht in gleicher Weise für die Beschaffenheit des Tieres einstehen wie der Züchter, der das Pferd in der
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Regel nach der Geburt habe aufwachsen sehen. Auf der anderen Seite sei der Erwerber, der auf einer Auktion ein Tier kaufe, weniger schutzwürdig als wenn er dieses direkt vom Züchter beziehe. Der auf einer Auktion erwerbende Käufer wisse um deren spekulativen Charakter. Die Verkürzung der Verjährungsfrist gegenüber dem gesetzlichen Leitbild sei daher nicht zu beanstanden.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revi-sion der Klägerin zurückzuweisen ist.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der von der Klägerin gemäß § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1 Satz 1, § 323 Abs. 1 BGB erklär-te Rücktritt nach § 438 Abs. 4 Satz 1, § 218 BGB unwirksam ist, weil ein mögli-cher Nacherfüllungsanspruch zum Zeitpunkt der Ausübung des Rücktrittsrechts bereits verjährt war und der Beklagte sich hierauf berufen hat. Die in den Aukti-onsbedingungen des Beklagten enthaltene Verkürzung der Verjährung auf drei Monate ab Gefahrübergang verstößt weder gegen § 475 Abs. 2 BGB aF (heute § 476 Abs. 2 BGB) noch gegen die Regelungen der §§ 307 ff. BGB. Die hierge-gen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat frei von Rechtsfehlern festgestellt, dass die Auktionsbedingungen des Beklagten Vertragsbestandteil des zwischen den Parteien gemäß § 156 BGB zustande gekommenen Kaufvertrags geworden sind. Dies zieht auch die Revision nicht in Zweifel.
2. Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in den Auktionsbedingungen des Beklagten in Abschnitt D.V. vorgese-hene Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Monate ab Gefahrübergang bei Gewährleistungsansprüchen des Käufers, die Beschaffenheitsmängel nach I.1
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(Angaben im Auktionskatalog zur Abstammung, zum Alter, Geschlecht und Farbe) und nach I.2 (in Röntgenaufnahmen sowie im tierärztlichen Untersu-chungsprotokoll dokumentierte körperliche Verfassung) betreffen, nicht gegen § 475 Abs. 2 BGB aF (heute § 476 Abs. 2 BGB) verstößt.
a) Nach dieser Vorschrift kann die Verjährung der in § 437 BGB bezeich-neten Ansprüche vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer nicht durch Rechtsgeschäft erleichtert werden, wenn die Vereinbarung zu einer Verjäh-rungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn von weniger als zwei Jahren, bei gebrauchten Sachen von weniger als einem Jahr führt. Diese Vorschrift ist allerdings richtlinienwidrig, weil Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Ver-brauchsgüter (im Folgenden Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) den Mitgliedstaaten nur die Befugnis verleiht, im Falle gebrauchter Güter vorzusehen, dass die Par-teien die Haftungsdauer des Verkäufers auf ein Jahr ab Lieferung begrenzen dürfen, ihnen dagegen nicht die Möglichkeit einräumt, zu bestimmen, dass die Parteien die Dauer der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie genannten Verjährungsfrist begrenzen dürfen (EuGH, Urteil vom 13. Juli 2017 – C-133/16 – Ferenschild, JZ 2018, 298 Rn. 44 ff., insbesondere Rn. 47).
Welche Auswirkungen sich daraus ergeben (zum Meinungsstand vgl. Kulke, EWiR 2018, 397 f.), bedarf hier jedoch keiner Erörterung, denn § 475 Abs. 2 BGB aF ist – trotz des Umstands, dass der Beklagte bei der Versteige-rung als Unternehmer (§ 14 BGB) gehandelt und die Klägerin den Hengst als Verbraucherin (§ 13 BGB) erworben hat – im Streitfall nicht anwendbar, da hier die Ausnahmeregelung des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB eingreift, nach der die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (und damit auch § 475 Abs. 2 BGB aF) in Übereinstimmung mit Art. 1 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in
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den Fällen, in denen gebrauchte Sachen in einer öffentlich zugänglichen Ver-steigerung verkauft werden, an der der Verbraucher teilnehmen kann, nicht gel-ten.
b) Anders als die Revision in der mündlichen Verhandlung geltend ge-macht hat, ist die Vorschrift des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht dahin teleolo-gisch zu reduzieren, dass von ihr nur Versteigerungen erfasst werden, die sich auf Gegenstände von geringerem Wert, etwa auf gebrauchte Fahrräder oder DVDs, beziehen. Für eine teleologische Reduzierung dieser Bestimmung ist kein Raum, weil sich den Gesetzesmaterialien gerade nicht entnehmen lässt, dass sie bei wertvollen Versteigerungsgegenständen nicht eingreifen soll. Zwar hatte der Bundesrat, auf dessen – von der Bundesregierung und vom Rechts-ausschuss des Bundestags aufgegriffener (vgl. BT-Drucks. 14/6857, S. 62 f.; BT-Drucks. 14/7052, S. 198) – Anregung die Vorschrift des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB (damals noch § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB) in das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts aufgenommen worden ist, insbesondere die Fälle der öffentli-chen Versteigerung von Fundsachen gemäß § 979 BGB oder der Versteigerung nicht hinterlegungsfähiger Sachen gemäß § 383 BGB im Blick (BT-Drucks. 14/6857, S. 30 f.). In diesen Fällen – vor allem bei § 383 BGB – können aber auch wertvolle Sachen zur Versteigerung gebracht werden, etwa teure Autos, Antiquitäten oder Tiere. Davon abgesehen lässt sich den Gesetzesmate-rialien in aller Deutlichkeit entnehmen, dass die genannten Fallgestaltungen nicht abschließend sein sollen.
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Voraussetzungen der – grundsätzlich einschlägigen – Ausnahmeregelung des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB lägen vor, ist entgegen der Auffassung der Revision aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass der Hengst „A. “ im Rahmen einer öffentlich zugänglichen Versteige-
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rung verkauft wurde, an der die Klägerin persönlich teilnehmen konnte (vgl. zum Begriff der öffentlichen Versteigerung Senatsurteil vom 24. Februar 2010 – VIII ZR 71/09, NJW-RR 2010, 1210 Rn. 11 ff. mwN). Diese Feststellungen werden weder von der Revision noch von der Revisionserwiderung angegriffen. Die Revision wendet sich aber dagegen, dass das Berufungsgericht den zum Zeit-punkt der Versteigerung knapp zweieinhalb Jahre alten Hengst trotz des Um-stands, dass er zu diesem Zeitpunkt weder als Reit- noch als Zuchttier verwen-det und auch nicht angeritten war, als gebrauchte Sache im Sinne dieser Vor-schrift beurteilt hat. Damit ist ihr kein Erfolg beschieden.
aa) Das Berufungsgericht geht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats davon aus, dass Tiere entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Mei-nung – unbeschadet des Umstands, dass sie schon ab ihrer Geburt ein gewis-ses, nur schwer beherrschbares Sachmängelrisiko in sich tragen mögen – nicht bereits ab diesem Zeitpunkt oder mit der ersten Nahrungsaufnahme als „ge-braucht“ anzusehen sind (Senatsurteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31 Rn. 28 ff. mit Nachweisen zu abweichenden Literaturmeinun-gen). Denn die gegenteilige Sichtweise lässt sich nicht mit § 90a Satz 3, §§ 474 ff. BGB vereinbaren, wonach mangels Sonderbestimmungen für Tiere die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind. Der Gesetzge-ber hat sich bei der Reform des Schuldrechts von der Erwägung leiten lassen, dass es beim Kauf von Tieren keiner speziellen Regelung zur Sachmängelhaf-tung und zur Verjährung bedürfe, weil die neu eingeführten kaufrechtlichen Vor-schriften auch diesen Bereich angemessen regelten und auch hier zwischen „neu“ und „gebraucht“ zu unterscheiden sei, wobei für die Abgrenzung an die bisherige Rechtsprechung zu § 11 Nr. 10 AGBG anzuknüpfen sei und daher etwa junge Haustiere oder lebende Fische als „neu“ auch im Sinne des § 475 Abs. 2 BGB zu behandeln seien (Senatsurteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, aaO Rn. 29 f.; BT-Drucks. 14/6040, S. 205 ff., 245). Daher verbietet es
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sich, ein Tier unmittelbar nach seiner Geburt oder kurze Zeit danach – jedenfalls nicht ohne das Hinzutreten weiterer Umstände – bereits als „gebraucht“ anzu-sehen.
bb) Aus diesen Gründen hat der Senat zur Abgrenzung eines „neuen“ Tiers von einem „gebrauchten“ Tier in Übereinstimmung mit seiner Rechtspre-chung zu § 11 Nr. 10 AGBG (Senatsurteil vom 3. Juli 1985 – VIII ZR 152/84, NJW-RR 1986, 52 unter III 1 b bb [zu lebenden Forellen]) auch im Anwen-dungsbereich der § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB aF jedenfalls solche Tiere nicht als „gebraucht“ angesehen, die nur mit dem in ihrer Existenz („Beschaffenheit“) wurzelnden Lebens- und Gesundheitsrisiko behaftet sind, nicht aber mit Risiken, die typischerweise durch Gebrauch entstehen (Senatsur-teil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, aaO Rn. 30). Dabei hat der Senat in Anbetracht der gesetzgeberischen Wertung, nach der jedenfalls junge Haustie-re nicht als „gebraucht“, sondern als „neu“ anzusehen sein sollen (BT-Drucks. 14/6040, S. 245), bei einem noch nicht seinem Bestimmungszweck zugeführten Tier (noch nicht zu Reit- oder Zuchtzwecken genutztes Hengstfohlen) den blo-ßen Zeitablauf für den Eintritt erhöhter Sachmängelrisiken nicht ausreichen las-sen, solange das Tier noch jung ist (Senatsurteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, aaO Rn. 32). Da Kaufgegenstand in dem vom Senat entschiedenen Fall ein zum Veräußerungszeitpunkt sechs Monate altes Hengstfohlen war, das sich noch nicht von der Mutterstute „abgesetzt“ hatte, hat der Senat das Fohlen noch als „jung“ bewertet. Deswegen konnte er offenlassen, ob und wann ein Tier auch unabhängig von der Frage, welchem Zweck es dienen soll und ob es schon dafür verwendet worden ist, allein durch den Ablauf einer gewissen Zeit-spanne nach der Geburt zur „gebrauchten“ Sache wird (Senatsurteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, aaO Rn. 32).
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cc) An diesem Punkt setzt nun das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Frage an, ob und ab welchem Zeitpunkt ein noch nicht als Reit- oder Zucht-pferd verwendeter, knapp zweieinhalb Jahre alter Hengst aufgrund seines Al-ters ein erhöhtes Sachmängelrisiko aufweist und damit nicht mehr „neu“ im Sinne von § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB aF (heute § 476 Abs. 2 BGB) ist. Entgegen der Auffassung der Revision ist dem Berufungsgericht da-bei nicht zum Vorwurf zu machen, dass es die unzutreffenden Unterschei-dungsbegriffe „neu“ und „alt“ statt „neu“ und „gebraucht“ angewendet hätte. Das Berufungsgericht hat zwar bei der Darstellung des Inhalts des Senatsurteils vom 15. November 2006 (VIII ZR 3/06, aaO Rn. 28 ff.) ausgeführt, auch bei ei-nem Tierkauf sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwischen „neu“ und „alt“ zu unterscheiden. Mit der Verwendung dieses Begriffspaars hat das Berufungsgericht jedoch ersichtlich nicht in Zweifel ziehen wollen, dass es auf die Unterscheidung zwischen einem „neuen“ und einem „gebrauchten“ Pferd ankommt. Das von der Revision beanstandete Begriffspaar beruht vielmehr da-rauf, dass das Berufungsgericht seiner weiteren Begründung das Ergebnis ei-ner aus zwei Schritten bestehenden Prüfung vorangestellt hat. Es hat sich zu-nächst damit befasst, ob der verkaufte Hengst „jung“ im Sinne der zitierten Se-natsrechtsprechung ist und daher – weil bisher auch nicht als Nutztier eingesetzt – als „neu“ zu bewerten wäre.
Nachdem es dies aufgrund der in dem Zeitraum von zweieinhalb Jahren ab Geburt eingetretenen biologischen Veränderungen verneint hat, hat das Be-rufungsgericht sich weiter die vom Senat bislang nicht geklärte Frage gestellt, ob der Hengst zum Zeitpunkt des Verkaufs aufgrund der bei ihm bislang einge-tretenen biologischen Veränderungen und der Umwelteinflüsse und äußeren Einwirkungen, denen er in dieser Zeitspanne ausgesetzt war, ein erhöhtes Sachmängelrisiko aufwies. Das Berufungsgericht hat damit trotz an manchen Stellen missverständlicher Formulierungen nicht allein auf das Alter des Pferdes
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zum Zeitpunkt der Veräußerung, sondern darauf abgestellt, ob sich dieses in einer Verfassung befand, die nicht mehr als neuwertig zu beurteilen ist. Anders als die Revision meint, fußt die Beurteilung des Berufungsgerichts, der von der Klägerin erworbene Hengst sei nicht mehr als „neu“, sondern als „gebraucht“ anzusehen, damit nicht auf einer fehlgehenden Unterscheidung zwischen „neu“ und „alt“. Es hat den zweieinhalb Jahre alten Hengst auch nicht als „alt in Le-bensjahren“ angesehen, sondern ihn nur nicht mehr als „jung“ im Sinne der Se-natsrechtsprechung bewertet. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch nicht allein aufgrund eines Umkehrschlusses aus der Senatsentscheidung vom 15. November 2006 (VIII ZR 3/06, aaO Rn. 26 ff.) abgeleitet, dass ein an Lebensjahren „altes“ Pferd stets als gebraucht anzuse-hen sei. Vielmehr hat es Kriterien herausgearbeitet, aufgrund derer es zu der Beurteilung gelangt ist, dass sich bei dem verkauften Hengst zum Zeitpunkt der Veräußerung das Sachmängelrisiko beträchtlich erhöht habe.
dd) Es ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht für die Bewertung, ob der Hengst als „gebraucht“ einzustufen ist, nicht allein darauf abgestellt hat, ob ihm zum Verkaufszeitpunkt Risiken an-gehaftet haben, die typischerweise durch eine Nutzung des Tiers entstehen. Vielmehr ist bei Tieren im Rahmen der Abgrenzung „neu“ und „gebraucht“ – was der Senat bislang offenlassen konnte – nicht nur eine nutzungs-, sondern auch eine rein lebensaltersbedingte Steigerung des Sachmängelrisikos zu be-rücksichtigen (vgl. auch OLG Düsseldorf, ZGS 2004, 271, 273 f.; Münch-KommBGB/Lorenz, 8. Aufl., § 474 Rn. 17, 20; jurisPK-BGB/Ball, 8. Aufl. Stand: 21. September 2017, § 474 Rn. 52; MünchKommBGB/Wurmnest, 8. Aufl., § 309 Nr. 8 Rn. 17; BeckOK-BGB/Becker, Stand: 1. August 2019, § 309 Nr. 8 Rn. 23; von Bardeleben, Rechtliche Besonderheiten des Pferdekaufs unter beson-derer Berücksichtigung der tierärztlichen Kaufuntersuchung, 2013, S. 153; Dammann in Wolf/Lindacher/
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Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., Vor § 309 Nr. 8 lit. b Rn. 8; ähnlich PWW/Schmidt, BGB, 14. Aufl., § 476 Rn. 10). Anders als die Revision meint, kann daher auch ein Tier, das – wie hier – noch nicht seiner Gebrauchsbestimmung (hier: als Reit- bzw. Dressurpferd) zugeführt wurde, je nach Umständen als „gebraucht“ einzu-stufen sein. Aus der von der Revision zitierten Senatsrechtsprechung ergibt sich gerade nicht, dass allein auf eine nutzungsbedingte Erhöhung des Mängel-risikos abzustellen ist. Vielmehr hat der Senat – was die Revision letztlich auch erkennt – ausdrücklich offengelassen, ob bei der Ausfüllung des Begriffs „ge-braucht“ im Rahmen des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB auch ein altersbedingtes Sachmängelrisiko einzufließen hat und damit ein Tier unter Umständen unab-hängig davon, welchem Zweck es dienen soll und ob es dafür schon verwendet worden ist, allein durch den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt als „gebraucht“ zu bewerten ist (Senatsurteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, aaO Rn. 32). Aus der Senatsrechtsprechung kann damit – entgegen der Auffassung der Revision – nicht hergeleitet werden, dass bei der Abgrenzung, ob ein Tier als „neu“ oder „gebraucht“ zu bewerten ist, allein zwischen der blo-ßen „Existenz“ eines Tiers und dessen „Gebrauch“ zu unterscheiden wäre und daher nachteilige Veränderungen, die ausschließlich durch sein fortschreiten-des Altern bedingt sind, außer Betracht zu bleiben hätten.
(1) Bei der in § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB aF angelegten Unterscheidung zwischen „neu“ und „gebraucht“ handelt es sich um Rechtsbe-griffe, die sich gegenseitig ausschließen. Nach der Intention des Gesetzgebers soll zwingend zwischen diesen beiden Kategorien unterschieden werden (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 245). Eine Sache oder ein Tier muss daher denk-notwendig der einen oder der anderen Kategorie zuzuordnen sein. Das Gesetz selbst enthält keine Legaldefinition dieser Begriffe; entscheidend ist damit letzt-lich der allgemeine Sprachgebrauch sowie der Umstand, dass der Begriff „ge-braucht“ im Gesetzestext und auch in der Gesetzesbegründung als vollumfas-
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sender Gegensatz von „neu“ verwendet wird. Ausgehend vom Wortsinn ist eine Sache dann „gebraucht“, wenn sie bereits benutzt worden ist (Senatsurteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, aaO Rn. 27 mwN). Darin erschöpft sich die Bedeutung dieses Begriffs jedoch nicht, denn nach üblichem Sprachverständnis wird eine Sache auch dann als „gebraucht“ bezeichnet, wenn sie „nicht mehr frisch“ ist (https://www.duden.de/rechtschreibung/gebraucht_gebrauchen). Be-reits nach allgemeinem Sprachgebrauch ist der Begriff „gebraucht“ damit ein Synonym zu „nicht mehr neu“ oder zu „abgenutzt“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/gebraucht_gebrauchen). Dieses Ver-ständnis liegt ersichtlich auch den genannten Vorschriften zugrunde, da eine „gebrauchte“ Sache oder ein „gebrauchtes“ Tier nach der gesetzgeberischen Konzeption nicht zugleich „neu“ sein kann.
(2) Hiervon ausgehend ist ein Tier nicht nur dann als „gebraucht“ einzu-stufen, wenn es einer bestimmten mit einer „Abnutzungsgefahr“ verbundenen Verwendung – etwa als Reit- oder Zuchtpferd – zugeführt worden ist. Vielmehr kann ein über das auch einem „neuen“ Tier anhaftende allgemeine Lebens- und Gesundheitsrisiko hinausgehendes Sachmängelrisiko auch allein aufgrund ei-nes bei einem ungenutzten Tier eintretenden altersbedingten Abnutzungspro-zesses bestehen. Der unterschiedlichen Behandlung des Kaufs von „gebrauch-ten“ und „neuen“ beweglichen Sachen liegt die gesetzgeberische Wertung zu-grunde, dass dem Verkäufer bei „gebrauchten“ Sachen Haftungserleichterun-gen zu Gute kommen sollen, weil diese – auch aus objektiver Käufersicht – mit einem höheren Sachmängelrisiko als „neue“ Gegenstände behaftet sind (vgl. die Bezugnahme auf die Senatsentscheidung vom 3. Juli 1985 – VIII ZR 152/84, aaO; BT-Drucks. 14/6040, S. 245). Vor den daraus resultierenden gesteigerten Gefahren einer Inanspruchnahme soll der Verkäufer geschützt werden (Brück-ner/Böhme, MDR 2002, 1406, 1407; BeckOGK-BGB/Augenhofer, Stand: 1. Juli 2019, § 474 Rn. 99).
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Eine solch erhöhte Gefahr eines Sachmangeleintritts kann aber bei Tie-ren wegen ihrer Eigenschaft als Lebewesen auch ohne einen Einsatz als Nutz-tier bestehen. Anders als unbelebte Gegenstände „gebraucht“ sich ein Tier al-lein dadurch ständig selbst, dass es lebt und sich bewegt; hierdurch steigert es das ihm anhaftende Sachmängelrisiko (so auch Adamczuk, Pferdekaufrecht, 2008, S. 140). Davon geht auch der Gesetzgeber aus. Denn ausweislich der Gesetzesmaterialien sollen auch Haustiere (etwa Hunde), die – anders als bei-spielsweise Arbeits- oder Reitpferde, Wollschafe oder Milchtiere (Senatsurteil vom 3. Juli 1985 – VIII ZR 152/84, aaO) – nicht als Nutztiere gelten, nicht stets, sondern nur, so lange sie noch „jung“ sind, als „neu“ angesehen werden (BT-Drucks. 14/6040, S. 245 unter Verweis auf LG Aschaffenburg, NJW 1990, 915). Damit setzt der Gesetzgeber implizit voraus, dass auch noch nicht einer be-stimmten Verwendung zugeführte Tiere ab einem gewissen Alter nicht mehr als „neu“ einzustufen sind.
Dies alles blendet die Revision aus, wenn sie einen „Gebrauch“ allein mit der Nutzung eines Tieres gleichsetzt und den Umstand, dass ein Lebewesen altert, als einen ausschließlich seiner Existenz zuzuordnenden Gesichtspunkt und nicht als einen das Sachmängelrisiko erhöhenden Faktor bewertet. Insbe-sondere übersieht sie, dass – wie die Vorinstanzen zutreffend gesehen haben – das Alter eines Tieres (hier eines Pferdes) ab einer bestimmten Zeitspanne bei der Beurteilung, ob zwischenzeitlich ein erhöhtes Sachmängelrisiko eingetreten ist, ein nicht mehr zu vernachlässigender Gesichtspunkt ist, weil das Tier in der Zwischenzeit nicht – wie dies bei unbelebten Gegenständen möglich ist – vor äußeren Einwirkungen (weitgehend) geschützt verwahrt werden kann, sondern tagtäglich den Einflüssen des Lebens ausgesetzt war und ist.
(a) Anders als bewegliche Sachen unterliegen Tiere während ihrer ge-samten Lebenszeit einer ständigen Entwicklung und Veränderung ihrer körper-
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lichen und gesundheitlichen Verfassung, die sowohl von den natürlichen Gege-benheiten des Tieres (Anlagen, Alter) als auch von seiner Haltung (Ernährung, Pflege, Belastung) beeinflusst wird (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2006 – VIII ZR 173/05, BGHZ 167, 40 Rn. 27, 24). Darin lag der Grund für das Viehge-währleistungsrecht in §§ 481 ff. BGB aF, das den Besonderheiten des Handels mit lebenden Organismen Rechnung tragen sollte (BT-Drucks. 14/6040, S. 206). Der wesensmäßige Unterschied zwischen Tieren und Sachen, der in der Bestimmung des – durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht vom 20. August 1990 (BGBl. I S. 1762) einge-fügten § 90a BGB zum Ausdruck kommt, ist nach der Aufhebung dieser Vor-schriften im Zuge der Schuldrechtsreform nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2006 – VIII ZR 173/05, aaO).
(b) Die genannten Faktoren spielen mit Ausnahme des Gesichtspunkts der Belastung auch bei einem noch nicht einer bestimmten Verwendung zuge-führten Tier, insbesondere bei Pferden, eine Rolle. Auch ein solches Tier muss gefüttert, gepflegt und tierärztlich versorgt werden und kann mit fortschreiten-dem Alter, insbesondere durch bestimmte biologische Entwicklungen, durch äußere Einwirkungen oder durch Umwelteinflüsse, nachteilig verändert werden. So kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass ein noch nicht als Reit- beziehungsweise als Fahrpferd (sei es zu Freizeit- oder Sportzwecken) oder zur Zucht eingesetztes oder zu diesen Zwecken ausgebildetes Pferd, das infolge einer langen Lebenszeit an einer nachteiligen Veränderung seiner körperlichen oder gesundheitlichen Verfassung leidet (etwa Einschränkungen im Bereich des Bewegungsapparats oder des Sehvermögens) weder nach der gesetzgeberi-schen Intention noch nach der allgemeinen Verkehrsanschauung als „neu“ im Sinne der § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB aF einzustufen ist. In solchen Fällen ist das Sachmängelrisiko nicht nur erhöht, es hat sich bereits verwirklicht.
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(c) Aber auch vor Erreichen eines solch hohen Alters wird es Fälle ge-ben, in denen ein Tier aufgrund der seit seiner Geburt verstrichenen Lebenszeit ein gegenüber dem „Urzustand“ deutlich erhöhtes Sachmängelrisiko in sich trägt. Dies wird insbesondere bei Pferden der Fall sein. Denn nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen und insoweit im Revisionsverfahren nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts entspricht es der in Deutschland üblichen Vorgehensweise, ein Pferd erst ab einem Alter von drei Jahren anzureiten. Dementsprechend war der Hengst „A. “ zum Ver-kaufszeitpunkt auch noch nicht angeritten. Bei Pferden besteht also die Beson-derheit, dass sie relativ spät nach ihrer Geburt einer bestimmten Verwendung zugeführt werden, in der Zwischenzeit aber gleichwohl den Einflüssen des Le-bens ausgesetzt sind (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Dauner-Lieb/Langen/Büdenbender, BGB, 3. Aufl., § 474 Rn. 18).
Für die Annahme eines erhöhten Sachmängelrisikos, das zu der Bewer-tung führt, ein Tier sei nicht mehr „neu“, genügt allerdings – wie das Berufungs-gericht im Einklang mit der von ihm zitierten Rechtsprechung des Senats ange-nommen hat – nicht bereits der Umstand, dass die Geburt des Tieres einige Wochen oder Monate zurückliegt (Senatsurteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, aaO Rn. 28 ff. [für den Fall eines sechs Monate alten Hengstfohlens, das sich noch nicht von der Mutter abgesetzt hatte]). Zwar mag ein Tier schon ab seinen ersten Lebenstagen ein gewisses, nur schwer beherrschbares Sachmängelrisiko in sich tragen (Senatsurteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, aaO Rn. 29). Dies rechtfertigt aber angesichts der gesetzgeberischen Wertung, dass Tiere nicht bereits ab Geburt oder kürzere Zeit danach als „ge-braucht“ gelten sollen (BT-Drucks. 14/6040, S. 245), noch nicht die Annahme, das noch nicht einer Verwendung zugeführte Tier habe damit einen Zustand erreicht, der nicht mehr als „neu“ zu bewerten sei.
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Vielmehr wird regelmäßig nur ein deutlich längerer Zeitraum den Schluss zulassen, dass das Sachmängelrisiko in einer die Bewertung als „neu“ aus-schließenden Weise angestiegen ist. Dabei lassen sich keine allgemein gültigen zeitlichen Grenzen aufstellen, ab denen ein noch nicht einer Verwendung zuge-führtes Tier, insbesondere ein Pferd, nicht mehr als „neu“ zu bewerten ist. Die-se Beurteilung ist vielmehr aufgrund einer umfassenden Würdigung der Einzel-fallumstände zu treffen und obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Sie kann vom Revisionsgericht regelmäßig nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsge-richt Rechtsbegriffe verkannt oder sonst unzutreffende Maßstäbe angelegt hat, ob es Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze hinreichend beachtet hat oder ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, indem es etwa wesentliche tatsächliche Umstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 7. Februar 2018 – VIII ZR 148/17, NJW-RR 2018, 1012 Rn. 15 mwN).
ee) Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht entgegen der Auf-fassung der Revision nicht unterlaufen. Das Berufungsgericht hat nicht nur sei-ne Sachkunde bezüglich der Haltung, Nutzung und der körperlichen Entwick-lung von Pferden ausreichend dargelegt, sondern hat die Beurteilung, ob der verkaufte Hengst aufgrund seiner seit der Geburt verstrichenen Lebenszeit und der in dieser Zeit bestehenden Umwelteinflüsse und sonstigen äußeren Um-stände eine erhöhte Sachmängelgefahr in sich trägt, anhand von sachgerech-ten Kriterien vorgenommen.
(1) Anders als die Revision meint, sind die Ausführungen im angefochte-nen Urteil ausreichend, um die Sachkunde des Berufungsgerichts für das Revi-sionsgericht hinreichend nachprüfbar darzulegen (zu diesem Erfordernis vgl. etwa BGH, Urteil vom 18. März 1993 – IX ZR 198/92, NJW 1993, 1796 un-ter II 1 mwN). Das Berufungsgericht hat eigene Sachkunde für sich in Anspruch
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genommen für die Frage, welche Lebens- und Entwicklungsphasen ein zwei-einhalb Jahre alter Hengst hinter sich gebracht und ob sich in dieser Zeitspanne die Gefahr nachteiliger Veränderungen erhöht hat. Es hat ausgeführt, dass es diese Sachkunde in einer Reihe zivil- und strafrechtlicher Verfahren erworben hat, die unter anderem die Rückabwicklung von Pferdekäufen, die körperliche Entwicklung von Pferden und das Schmerzempfinden von Pferden im Rahmen der Turniersportausbildung zum Gegenstand hatten und die sachverständig begleitet worden sind.
Aus diesen Ausführungen ergibt sich nicht nur, aus welcher Quelle die in Anspruch genommene Sachkunde stammt, sondern auch, dass das Beru-fungsgericht über ausreichendes Fachwissen für die Beurteilung der sich vor-liegend stellenden Frage verfügt, ab wann die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Erhöhung des Sachmängelrisikos gegeben sind und ein Pferd infolge-dessen als „gebraucht“ im Sinne des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB anzusehen ist. Anders als etwa bei schwierigen medizinischen Fragen handelt es sich bei der Haltung von Pferden, ihrer körperlichen Entwicklung und den sich daraus erge-benden Weiterungen sämtlich um Gesichtspunkte, zu denen sich bereits – so-weit es sich nicht schon um Allgemeinwissen handelt – aus allgemein zugängli-chen Quellen (Internet, Fachliteratur) leicht Informationen finden lassen. Das Berufungsgericht hat sich hiermit nicht begnügt, sondern hat sogar auf aus früheren Fällen gewonnene berufliche Erfahrungen und auf das dort aufgrund der Hinzuziehung von Sachverständigen erworbene Spezialwissen zurückge-griffen. Damit ist die in Anspruch genommene Sachkunde ohne jeden Zweifel hinreichend dargelegt.
Die Revision macht bezeichnender Weise auch nicht geltend, dass die vom Berufungsgericht aufgrund eigener Sachkunde getroffenen Feststellungen, ein zweieinhalb Jahre alter Hengst sei schon längere Zeit von der Mutterstute
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getrennt, habe infolgedessen über einen nicht unerheblichen Zeitraum eine ei-genständige Entwicklung vollzogen und sei bereits seit längerem geschlechts-reif, unzutreffend seien. Sie stellt auch nicht die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts in Frage, dass bei einem geschlechtsreifen Pferd biologische Veränderungen eingesetzt haben, die auch das Verhalten des Tiers beeinflus-sen. Weiter zieht sie auch nicht in Zweifel, dass eine nicht artgerechte Haltung, Fütterung oder tierärztliche Versorgung nachteilige Veränderungen bei einem Pferd auslösen können.
Vielmehr meint die Revision, diese Feststellungen ließen nicht den Schluss zu, das Sachmängelrisiko sei beträchtlich gestiegen; es handele sich hierbei nur um das allgemeine Lebensrisiko, zu verunfallen oder zu erkranken, und gerade nicht um ein Sachmängelrisiko. Damit legt die Revision bei näherer Betrachtung dem Berufungsgericht nicht eine verfahrensfehlerhafte Tatsachen-feststellung zur Last, sondern meint, dieses sei bei seiner Bewertung, die mit der Haltung oder der biologischen Entwicklung eines Pferdes verbundenen Ge-fahren nachteiliger Veränderungen steigerten das Sachmängelrisiko, von fal-schen rechtlichen Maßstäben ausgegangen.
(2) Auch ein solcher Fehler ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.
(a) Die Revision rechnet Verletzungs- und Gesundheitsgefahren dem all-gemeinem Lebens- und Gesundheitsrisiko und nicht den Risiken zu, die „typi-scherweise durch Gebrauch entstehen“. Dabei blendet sie aus, dass bei einem bereits seiner Verwendung zugeführten Pferd das erhöhte Sachmängelrisiko gerade in Verletzungs- und Gesundheitsgefahren begründet liegt, die zu unbe-merkt gebliebenen Vorschädigungen (verdeckten Mängeln) geführt haben kön-nen. Solche Gefahren nachteiliger Veränderungen werden also bei einem in Nutzung befindlichen Pferd gerade nicht als unbeachtliche allgemeine Lebens- oder Gesundheitsrisiken bewertet. Ein solch erhöhtes Gefahrenpotential be-
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steht aber aufgrund der weitgehend biologisch gesteuerten Interaktionen eines Pferdes mit seinen Artgenossen und der bei Lebewesen nie auszuschließenden nachteiligen Veränderungen durch falsche Nahrung oder durch Krankheiten, durch tiermedizinische Behandlungen (etwa Impfungen) oder unsachgemäße Pflege auch dann, wenn das Pferd noch nicht seinem Bestimmungszweck als Reit-, Fahr- oder Zuchttier zugeführt worden ist, aber bereits eine längere Zeit gelebt hat (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27. August 2013 – 15 U 7/12, juris Rn. 49 f.; OLG Schleswig, OLGR Schleswig 2006, 193, 194 [Vo-rinstanz zu BGHZ 170, 31]; vgl. ferner MünchKommBGB/Lorenz, aaO Rn. 20 und Reuter, ZGS 2005, 88, 90 f., die Tiere sogar schon ab der ersten Fütterung oder Unterbringung als „gebraucht“ einstufen).
Sämtliche vom Berufungsgericht angeführten Verletzungs- und Gesund-heitsgefahren etwa durch triebgesteuertes Paarungsverhalten unerfahrener ge-schlechtsreifer Junghengste, durch nicht artgerechte Stall- oder Weidehaltung des von der Mutterstute abgesetzten Tieres, durch eine mögliche Fütterung mit ungeeigneter oder schädlicher Nahrung oder durch unzureichende bezie-hungsweise fehlerhafte tierärztliche Behandlung des Pferdes, sind damit als Erhöhung des Sachmängelrisikos zu werten, die jedenfalls bei einem (knapp) zweieinhalb Jahre alten Hengst aufgrund der vielen in einem solchen Zeitraum auf ihn einwirkenden Einflüsse als so erheblich einzustufen sind, dass das Tier nicht mehr als „neu“ im Sinne des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB aF anzusehen ist.
(b) Soweit die Revision – im Ansatz zutreffend – geltend macht, auch Foh-len könnten bei nicht artgerechter Haltung und Fütterung sowie unzureichender tierärztlicher Versorgung nachteilige Veränderungen erleiden (vgl. hierzu Se-natsurteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, aaO Rn. 29; OLG Schleswig, aaO), ist daraus nicht abzuleiten, dass ein mit zweieinhalb Jahren deutlich älte-
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res Pferd nicht auch dann als „gebraucht“ zu werten ist, wenn es noch nicht zu Reit-, Fahr- oder Zuchtzwecken verwendet worden ist. Davon abgesehen, dass ein Fohlen deutlich jünger und damit äußeren Einflüssen viel kürzer als der ver-kaufte Hengst ausgesetzt ist (als Fohlen werden Pferde bis zu einem Jahr be-zeichnet), hat das Landgericht, auf dessen Erwägungen das Berufungsgericht ergänzend verwiesen hat, zutreffend ausgeführt, dass ein (Saug-)Fohlen, so-lange es noch nicht von der Mutter getrennt worden ist, besonderen Schutz durch das Muttertier erfährt. Der von der Klägerin erworbene Hengst nahm da-gegen nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts schon seit längerer Zeit eigenständig am Leben mit all seinen Gefahren teil.
(c) Soweit die Revision (so noch in ihrer Revisionsbegründung) bei Pfer-den die Eigenschaft „gebraucht“ erst ab dem Zeitpunkt bejahen will, in dem sie entweder ihrer Nutzung zugeführt sind oder sich in einem Alter befinden, in dem üblicherweise mit ihrem Einsatz als Nutztier begonnen werde (so auch Werten-bruch, NJW 2012, 2065, 2069) beziehungsweise (so in der mündlichen Revisi-onsverhandlung) in dem sie ihrem Verwendungszweck entsprechend tatsäch-lich genutzt werden (so auch Müller, Festschrift Westermann, 2008, S. 517, 531; wohl auch Soergel/Wertenbruch, BGB, Stand: 2009, § 474 Rn. 89a [ab Beginn des Anreitens]), knüpft sie nicht an den für die in § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB aF für den Verkauf gebrauchter Sachen vorgesehenen Haftungserleichterungen maßgeblichen Grund an. Dieser liegt darin, dem ab einem bestimmten Zeitpunkt erhöhten Sachmängelrisiko Rechnung zu tragen und den Verkäufer vor den daraus entstehenden gesteigerten Gefahren einer Inanspruchnahme zu schützen (vgl. hierzu Brückner/Böhme, aaO; BeckOGK-BGB/Augenhofer, aaO).
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Den genannten Regelungen liegt – wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht – der Gedanke zugrunde, dass beim Verkauf einer „neuen“ Sa-che berechtigterweise die Erwartung besteht, dass diese für einen Mindestzeit-raum ordnungsgemäß funktionieren wird, weil sie noch keine Einflüsse erfahren hat, die diese Funktion hätte beeinträchtigen können. Dies lässt die Revision außer Acht, wenn sie auf den Beginn des Reiteinsatzes oder den Eintritt des Zeitpunktes, zu dem typischerweise eine solche Verwendung erfolgt, abstellt und damit letztlich das Interesse des Käufers an der ungehinderten Geltendma-chung von Gewährleistungsansprüchen für ausschlaggebend erachtet.
3. Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht schließlich ange-nommen, dass die in Abschnitt D.V. der Auktionsbedingungen geregelte Ver-kürzung der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche des Käufers wegen Fehlens der vereinbarten Beschaffenheit einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB standhält. Bei diesen Bedingungen handelt es sich nach den Feststellun-gen des Berufungsgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB.
a) Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat und die Revision auch nicht in Frage stellt, verstößt die in Abschnitt D.V. enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Monate nach Gefahrübergang nicht gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 BGB (zur Unwirksamkeit uneinge-schränkter Verkürzungen der Verjährung vgl. Senatsurteil vom 19. Juni 2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 30 mwN). Denn die genannte Allgemeine Geschäftsbedingung nimmt die Fallgestaltungen des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB (unzulässige Haftungsausschlüsse bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) ausdrücklich von der abgekürzten Verjährung aus.
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Insoweit liegt auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) vor (vgl. hierzu Senatsurteil vom 29. April 2015 – VIII ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rn. 18 ff.), weil die Auktionsbedingungen des Beklag-ten in D.V. Schadensersatz- und Gewährleistungsansprüche sämtlich densel-ben Regeln unterstellen, indem sie entweder für alle Ansprüche die Verjäh-rungsfrist verkürzen oder – in den Fallgestaltungen des § 309 Nr. 7 BGB – der gesetzlichen Verjährung unterwerfen und damit keine Unklarheiten aufkommen lassen.
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klausel in Abschnitt D.V. der Auktionsbedingungen der Beklagten auch nicht deswegen unwirksam, weil sie mit dem Klauselverbot des § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB nicht vereinbar wäre. Denn dieses Verbot greift nur ein, wenn Gegenstand des Ver-trags, in den die zu prüfenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen einbezogen sind, eine „neu hergestellte Sache“ ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 309 Rn. 61; MünchKommBGB/Wurmnest, aaO Rn. 14; vgl. ferner Senatsurteil vom 3. Juli 1985 – VIII ZR 152/84, aaO [zu § 11 Nr. 10 AGBG]). Dies ist aber – wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat – nicht der Fall.
Gemäß § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen bei Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Man-gels eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird. Diese Bestimmung gilt auch für den Kauf von Tieren (Senatsurteil vom 3. Juli 1985 – VIII ZR 152/84, aaO; BT-Drucks. 14/4060, S. 245 [jeweils zu § 11 Nr. 10 AGBG]). Für die Beurteilung, ob ein Ver-trag den Kauf einer „gebrauchten“ oder einer „neu hergestellten“ Sache (oder eines Tieres) betrifft, gelten die gleichen Maßstäbe wie bei § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB aF (BT-Drucks. 14/6040, S. 245, S. 157 f.; vgl. auch
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Senatsurteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, aaO Rn. 30). Gemessen daran handelt es sich bei dem veräußerten Hengst – wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat – nicht um eine „neu hergestellte Sache“.
c) Die von dem Beklagten verwendete Klausel über die Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche (vgl. § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB) auf drei Monate ab Gefahrübergang hält auch einer Kontrol-le am Maßstab der § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB stand.
aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Formularklausel unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Unangemessen ist eine Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Inte-ressen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 8. No-vember 2017 – VIII ZR 13/17, BGHZ 217, 1 Rn. 21 mwN). Davon ist im Zweifel im Falle eines Abweichens von einem wesentlichen Grundgedanken einer dis-positiven gesetzlichen Regelung oder bei einer die Erreichung des Vertrags-zwecks gefährdenden Einschränkung wesentlicher, sich aus der Natur des Ver-trags ergebender Rechte oder Pflichten auszugehen (§ 307 Abs. 2 BGB). Ge-messen an diesen Maßstäben benachteiligt die Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Monate ab Gefahrübergang den Käufer nicht unangemessen.
bb) Die Bestimmung des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB (früher § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB) nimmt den Kauf einer gebrauchten Sache im Rahmen einer öffent-lich zugänglichen Versteigerung, an der der Käufer persönlich teilnehmen kann, von dem in sonstigen Fällen eines Verbrauchsgüterkaufs geltenden Käufer-schutz aus. Hierdurch wollte der nationale Gesetzgeber nicht allgemein die Ver-triebsform „Versteigerung“ gegenüber anderen Formen des Verbrauchsgüter-
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kaufs begünstigen, sondern vielmehr im Hinblick auf bestimmte öffentliche Ver-steigerungen im Sinne von § 383 Abs. 3 Satz 1 BGB, nämlich bei Versteigerun-gen von gebrauchten Sachen, bei denen eine Teilnahmemöglichkeit des Kauf-interessenten besteht, die nach bisherigem Recht bestehenden Möglichkeiten eines Gewährleistungsausschlusses erhalten (vgl. Senatsurteil vom 9. Novem-ber 2005 – VIII ZR 116/05, NJW 2006, 613 Rn. 12).
Auch Art. 1 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, auf dem § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB beruht, liegen im Kern weder Verbraucherschutzgesichts-punkte noch Erwägungen zu einer gebotenen oder zumindest gerechtfertigten Beschränkung des Verbraucherschutzes bei bestimmten Vertriebsmethoden zugrunde (Senatsurteil vom 9. November 2005 – VIII ZR 116/05, aaO Rn. 13). Diese „fakultative Ausschlussbestimmung“ sollte vielmehr der „speziellen Situa-tion in einigen Mitgliedstaaten Rechnung tragen“ (Begründung zum Gemeinsa-men Standpunkt (EG) Nr. 51/98, vom Rat festgelegt am 24. September 1988 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl. Nr. C 333, S. 46, 53; Senatsurteil vom 9. November 2005 – VIII ZR 116/05, aaO).
cc) Die damit nach wie vor bei öffentlich zugänglichen Versteigerungen über gebrauchte Sachen, an denen der Käufer teilnehmen konnte (§ 474 Abs. 2 Satz 2, § 383 Abs. 3 Satz 1 BGB), bestehende Möglichkeit des Verkäufers, Gewährleistungsrechte zu beschränken oder unter Umständen sogar auszu-schließen, prägt somit das gesetzliche Leitbild mit, so dass die Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Monate nach Gefahrübergang den Käufer nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB unangemessen be-nachteiligt.
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dd) Auch ein Fall des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist nicht gegeben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte keinen vollständigen Gewährleis-tungsausschluss vorgenommen hat, was im Hinblick darauf, dass der verkaufte Hengst noch nicht angeritten und von der Klägerin damit auch nicht probegerit-ten werden konnte, nicht unbedenklich gewesen wäre.
Der von dem Beklagten gewählte Weg, die Verjährungsfrist auf drei Mo-nate ab Gefahrübergang zu verkürzen, stellt das Erreichen des Vertragszwecks nicht ernsthaft in Frage. Vielmehr wird – auch in Anbetracht der Begleitumstän-de (§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB) – den Interessen beider Seiten noch angemessen Rechnung getragen und werden die Rechte und Pflichten der Kaufvertragspar-teien nicht zu stark zu Lasten des Käufers beschnitten.
Der Beklagte hat das Pferd nicht als Eigentümer, sondern als Kommissi-onär versteigert, so dass ihm der Hengst und dessen „Vorleben“ nicht aus ei-gener Anschauung bekannt waren und für ihn aus diesem Grunde bezüglich eventuell vorhandenehttp://tierrechtsanwalt.de/wp-admin/export.phpr verdeckter Mängel typischerweise ein nicht unerhebli-ches Haftungsrisiko bestand (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 15. Januar 1975 – VIII ZR 80/73, BGHZ 63, 369, S. 374 f. [für den Kunsthandel]), das es aus sei-ner Sicht zu verringern galt. Auf der anderen Seite wies das Pferd zum Ver-kaufszeitpunkt noch nicht das Alter auf, in dem üblicherweise mit der Reitaus-bildung begonnen wird, weswegen sich ein Sichtbarwerden verdeckter Mängel nach dem Gefahrübergang auf einen Zeitpunkt nach Ablauf der verkürzten Ver-jährungsfrist hinauszögern konnte. Diese Verschlechterung der Position des Käufers, die von der Revision als „Härte“ bezeichnet wird, wird aber dadurch abgemildert, dass dem Käufer nicht die Möglichkeit abgeschnitten wird, sich durch erweiterte Untersuchungen des Pferdes nach der Übergabe zusätzliche Erkenntnisse über seinen Zustand zu verschaffen und gegebenenfalls durch Verhandlungen mit dem Verkäufer (§ 203 BGB) oder durch Einleitung eines
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selbständigen Beweisverfahrens (§ 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB) eine Hemmung der Verjährung zu bewirken.

Bei Tieren ist im Rahmen der Abgrenzung „neu“/“neu hergestellt“ und „gebraucht“ nicht nur eine nutzungs-, sondern auch eine rein lebensaltersbedingte Steigerung des Sachmängelrisikos zu berücksichtigen

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