Die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) ist eine gesetzlich geregelte Verordnung in Deutschland, die festlegt, welche Gebühren Tierärzte für ihre Leistungen berechnen dürfen. Sie dient dem Verbraucherschutz, der Transparenz und der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen tierärztlichen Versorgung. Die GOT wurde zuletzt umfassend im November 2022 novelliert, um die Gebühren an moderne Anforderungen und Kostenstrukturen anzupassen.
1. Ziele der GOT
- Schutz der Tierhalter:
- Verhinderung unangemessen hoher oder zu niedriger Gebühren.
- Transparenz bei den Kosten tierärztlicher Leistungen.
- Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Versorgung:
- Vermeidung von Preisunterbietungen, die die Qualität der tierärztlichen Leistungen gefährden könnten.
- Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit:
- Angemessene Honorierung der Arbeit von Tierärzten, auch im ländlichen Raum.
2. Anwendungsbereich
Die GOT gilt für alle in Deutschland praktizierenden Tierärzte:
- Behandlungen: Sowohl für Nutztiere als auch Heimtiere (z. B. Hunde, Katzen, Pferde, Geflügel).
- Notfallversorgung: Spezielle Regelungen für Notdienstzeiten und -gebühren.
- Gutachten: Erstellung von Gesundheitsbescheinigungen und tierärztlichen Gutachten.
- Operationen: Von einfachen Eingriffen bis hin zu komplexen chirurgischen Behandlungen.
3. Aufbau der GOT
Die GOT gliedert sich in folgende wesentliche Bereiche:
3.1. Allgemeine Vorschriften (§§ 1–5 GOT)
- § 1 Zweck und Anwendungsbereich:
- Die GOT regelt die Gebühren für tierärztliche Leistungen und stellt sicher, dass diese nachvollziehbar und einheitlich sind.
- § 2 Gebührenrahmen:
- Tierärzte müssen ihre Leistungen im Rahmen des einfachen bis dreifachen Satzes der GOT berechnen.
- Der einfache Satz gilt für Routinefälle, während der dreifache Satz für komplizierte, aufwendige oder zeitintensive Behandlungen angewendet werden kann.
- § 3 Notdienstzuschläge:
- Für Behandlungen außerhalb der regulären Praxiszeiten dürfen Notdienstgebühren erhoben werden.
- Grundpauschale im Notdienst: 50 Euro (netto) zusätzlich zu den Behandlungskosten.
- § 4 Aufklärungspflichten:
- Tierärzte müssen Tierhalter über die zu erwartenden Kosten aufklären, insbesondere bei kostenintensiven Behandlungen.
- § 5 Sonderregelungen:
- Bei außergewöhnlichen Umständen (z. B. Massenimpfungen in Tierbeständen) können pauschale Vereinbarungen getroffen werden.
3.2. Gebührenverzeichnis
Das Gebührenverzeichnis der GOT listet alle tierärztlichen Leistungen mit festgelegten Gebührenrahmen auf. Hier einige Beispiele:
- Allgemeine Leistungen:
- Untersuchung eines Tieres: 13,47–40,41 Euro
- Beratung ohne Untersuchung: 5,41–16,23 Euro
- Ausstellung eines Gesundheitszeugnisses: 8,98–26,94 Euro
- Operationen:
- Kastration eines Hundes (Rüde): 64,19–192,57 Euro
- Kastration einer Katze (weiblich): 86,96–260,88 Euro
- Entfernung eines Fremdkörpers: 16,23–48,69 Euro
- Diagnostik und Labordiagnostik:
- Blutentnahme: 5,41–16,23 Euro
- Ultraschalluntersuchung: 20,52–61,56 Euro
- Impfungen:
- Grundgebühr für Impfungen (zuzüglich Materialkosten): 5,41–16,23 Euro
- Erstellung eines Impfausweises: 5,41–16,23 Euro
- Nutztiere:
- Untersuchung eines Rindes: 20,52–61,56 Euro
- Geburtshilfe bei einem Kalb: 40,41–121,23 Euro
- Notdienstleistungen:
- Notfalluntersuchung eines Hundes: 26,94–80,82 Euro
- Notfallchirurgie (z. B. Kaiserschnitt): 150 % der regulären Gebühren
4. Besondere Regelungen
4.1. Notdienstgebühren
- Wann gilt der Notdienst?
- Werktags zwischen 18:00 Uhr und 8:00 Uhr.
- An Wochenenden (Samstag 13:00 Uhr bis Montag 8:00 Uhr).
- An gesetzlichen Feiertagen.
- Zusätzliche Gebühren:
- Ein Notdienstgrundpreis von 50 Euro netto darf zusätzlich erhoben werden.
- Leistungen werden mit mindestens dem zweifachen Satz berechnet.
4.2. Hausbesuche
- Für Hausbesuche können zusätzlich Wegegeld und Fahrtkosten berechnet werden:
- Kilometerpauschale: 2,30 Euro pro Kilometer (einfache Strecke).
- Zeitaufwand für die Fahrt: Zusatzgebühr nach GOT.
4.3. Rabatte und Sondervereinbarungen
- Rabatte für Großtierbestände:
- In Absprache mit dem Tierhalter können für große Tierbestände (z. B. Rinder- oder Schweineherden) Sondervereinbarungen getroffen werden.
- Sondervereinbarungen für Tierheime:
- Reduzierte Gebühren für Tierheime oder Tierschutzorganisationen sind möglich, solange die Versorgung der Tiere gewährleistet bleibt.
5. Verstöße gegen die GOT
5.1. Unerlaubte Abweichungen
- Tierärzte dürfen die Gebühren nicht willkürlich senken oder erhöhen. Verstöße können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
- Gerichtsentscheidung:
- VG Berlin, Urteil vom 15.09.2019, Az. 7 K 234/18: Ein Tierarzt wurde wegen wiederholter Abweichung von der GOT zu einem Bußgeld verurteilt.
5.2. Vertragsverletzungen
- Werden Tierhalter nicht ordnungsgemäß über die zu erwartenden Kosten informiert, können Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.
6. Beispiele für die Anwendung der GOT
- Routineuntersuchung:
- Ein Hund wird wegen Durchfall untersucht. Die Gebühren belaufen sich auf:
- Untersuchung: 13,47 Euro
- Beratung: 5,41 Euro
- Medikament: Kosten nach tatsächlichem Verbrauch.
- Ein Hund wird wegen Durchfall untersucht. Die Gebühren belaufen sich auf:
- Notfallbehandlung:
- Ein Pferd mit Kolik wird in der Nacht behandelt:
- Notdienstpauschale: 50 Euro
- Untersuchung: 40,41 Euro
- Ultraschall: 61,56 Euro
- Medikamenten- und Materialkosten.
- Ein Pferd mit Kolik wird in der Nacht behandelt:
- Operation:
- Kastration einer Katze (weiblich):
- Gebührenrahmen: 86,96–260,88 Euro
- Endpreis hängt vom Schwierigkeitsgrad und Komplikationen ab.
- Kastration einer Katze (weiblich):
7. Kritik und Herausforderungen
- Hohe Kosten im Notdienst:
- Für Tierhalter können Notdienstgebühren eine finanzielle Belastung darstellen.
- Tierärztlicher Fachkräftemangel:
- Insbesondere im ländlichen Raum gibt es Probleme, die tierärztliche Versorgung aufrechtzuerhalten.
- Transparenz der Gebühren:
- Tierhalter fordern oft mehr Klarheit über die zu erwartenden Kosten.
8. Gebührenordnung für Tierärzte
Die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) ist ein zentraler Bestandteil der tierärztlichen Praxis in Deutschland. Sie schafft eine einheitliche Grundlage für die Abrechnung tierärztlicher Leistungen und schützt sowohl Tierhalter als auch Tierärzte vor unfairen Praktiken. Obwohl die GOT regelmäßig an die aktuellen Anforderungen angepasst wird, bleibt sie ein komplexes und manchmal kontroverses Regelwerk. Eine gute Kommunikation zwischen Tierärzten und Tierhaltern ist essenziell, um Missverständnisse und Streitigkeiten zu vermeiden.